„(K)ein Stich ins Grüne Herz, Minister Kummer“ –
Protestaktion gegen geplante Mittelkürzungen im Naturschutz
Gemeinsame Pressemitteilung des BUND Thüringen, des NABU Thüringen, der GRÜNEN LIGA Thüringen sowie der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Mitteldeutschland
Mit großer Sorge reagieren BUND Thüringen, NABU Thüringen, die GRÜNE LIGA Thüringen und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Mitteldeutschland auf die Ankündigung des Thüringer Umweltministeriums, massiv im Naturschutzetat zu kürzen. Mit einer Protestaktion am Montag, 16. Juni 2025, um 11:55 Uhr vor dem Thüringer Umweltministerium in Erfurt fordern die Verbände einen Kurswechsel. Zu den weiteren Unterzeichnern des Offenen Briefes zählen auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL).

Im Mittelpunkt der Aktion „(K)ein Stich ins Grüne Herz“ steht die symbolische Übergabe eines Offenen Briefes an Umweltminister Tilo Kummer. Die Verbände fordern darin einen sofortigen Stopp der geplanten Haushaltskürzungen im Naturschutzetat, die Weiterführung bewährter Förderprogramme wie „Entwicklung von Natur und Landschaft (ENL)“ und das Naturlandschaftsprogramm (NALAP) sowie eine langfristige Absicherung des bundesweit vorbildlichen Netzwerks der Natura 2000-Stationen.

Anlass der Protestaktion sind wiederholte öffentliche Äußerungen von Minister Kummer, den Naturschutzetat seines Hauses künftig deutlich zu reduzieren. Damit drohen einschneidende Folgen für zentrale Förderstrukturen – und das nicht aus Haushaltsnot, sondern um Mittel zugunsten der Land- und Forstwirtschaft umzuschichten.
Aus Sicht der Verbände ein alarmierendes Signal: Während die Kürzungen im Naturschutz gravierende Folgen für Artenvielfalt und Landschaft hätten, sind die geplanten Aufstockungen in der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, die kaum Wirkung entfalten dürften, da deren Budgets ohnehin um ein Vielfaches größer sind.
Die Argumentation, die Umverteilung stärke naturschutzgerechte Landnutzung, sei unrealistisch: „Renaturierung, Biotoppflege oder artenreiche Kleinflächen lassen sich nicht im industriellen Agrarbetrieb umsetzen“, so die Verbände. „Die nötige Fachkenntnis und Infrastruktur liegen bei den Natura 2000-Stationen und den Naturschutzorganisationen.“
Besonders betroffen von den geplanten Kürzungen ist das Programm „Entwicklung von Natur und Landschaft (ENL)“ – das wichtigste Finanzierungsinstrument für Naturschutzmaßnahmen in Thüringen. Es wurde kontinuierlich weiterentwickelt und hat erheblich zur Verbesserung von Lebensräumen und Artenvielfalt beigetragen. Der Bedarf ist hoch: Für das Jahr 2025 wurden Projekte mit einem Volumen von 19,5 Mio. Euro beantragt, während nur 10,7 Mio. Euro zur Verfügung standen.
Zudem wurden Verpflichtungsermächtigungen – nötig für langfristige Projektplanung – eingefroren. Auch die Kofinanzierung großer Vorhaben, die Bundes- oder EU-Mittel nach Thüringen holen könnten, ist gefährdet. Ohne diese Zuschüsse wären viele Projekte nicht einmal mehr beantragbar.
Zitate der Verbände
„Das Netzwerk der Natura 2000-Stationen ist das Rückgrat des Naturschutzes in Thüringen. Es sichert die Umsetzung europäischer Vorgaben wie der FFH-Richtlinie – etwa beim Schutz artenreicher Mähwiesen. Ohne stabile Finanzierung drohen nicht nur Projektabbrüche, sondern auch Vertragsverletzungsverfahren durch die EU. Auch mit Blick auf die neue EU-Wiederherstellungsverordnung braucht Thüringen funktionierende Strukturen“, sagt Dr. Burkhard Vogel, Landesvorsitzender des BUND Thüringen.
„Ohne eine solide Finanzierung lässt sich der Schutz bedrohter Arten und Lebensräume in Thüringen nicht aufrechterhalten – geschweige denn ausbauen. Wer hier kürzt, riskiert Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel und gefährdet Thüringens Glaubwürdigkeit in der Umweltpolitik. Jetzt braucht es finanzielle Verlässlichkeit statt Kürzungen“, sagt Martin Schmidt, Landesvorsitzender des NABU Thüringen.
„Wer ernsthaft Artenvielfalt erhalten will, kann dem Naturschutz nicht die Mittel entziehen – und gleichzeitig erwarten, dass er weiterhin still und effektiv funktioniert. Statt über Jahre gewachsene Strukturen zu zerstören, braucht Thüringen klare Signale für eine zukunftsfähige, ökologische Politik“, sagt Grit Tetzel, Geschäftsführerin der GRÜNEN LIGA Thüringen.
„Es ist ein Irrweg, die Landwirtschaft mit Mitteln des Naturschutzes zu unterstützen. Die Landwirtschaft ist angewiesen auf resiliente Naturräume, zum Schutz des Klimas und der Biodiversität, für eine nachhaltige zukunftsorientierte Lebensmittelerzeugung. Landwirtschaft und Naturschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden“, sagt Michael Grolm, Sprecher der AbL Mitteldeutschland.
Konkrete Forderungen der Verbände
Die Verbände fordern Minister Kummer auf, den Kurs zu korrigieren und die Voraussetzungen für wirksamen Naturschutz in Thüringen zu sichern:
- Verlängerung der Zuwendungsverträge für die Natura 2000-Stationen über 2030 hinaus sowie bedarfsgerechte Finanzierung des Netzwerks
- Aufstockung der ENL-Mittel, um dem nachgewiesenen Bedarf gerecht zu werden
- Sicherstellung der Kofinanzierung großer Naturschutzprojekte, etwa über Bundes- und EU-Fonds
- Freigabe der Verpflichtungsermächtigungen, um langfristige Planungssicherheit zu gewährleisten
Diese Forderungen seien keine Wunschliste, so die Verbände, sondern notwendige Maßnahmen, um Thüringen in die Lage zu versetzen, seinen rechtlichen Verpflichtungen – etwa aus der FFH-Richtlinie und der EU-Wiederherstellungsverordnung – gerecht zu werden.
Link zum Offenen Brief „(K)ein Stich ins Grüne Herz“
Ein Pressebild zum Download finden Sie ab ca. 13:30 Uhr unter diesem Link.
Bildunterschrift: „(K)ein Stich ins Grüne Herz“: Thüringer Umweltverbände übergeben Offenen Brief an Umweltminister Tilo Kummer / Copyright: BUND Thüringen